Rasen der Leidenschaften

Ende des 19. Jahrhunderts trat »König Fußball« in unser Leben. Um diese neue Sportart auszuüben brauchte es Plätze. Der anfangs abfällig als »Fußlümmelei« verschriene Sport entwickelte sich rasant. Und so wurde der Fußball bald ein fester Bestandteil unserer Kultur und unseres täglichen Lebens.

Um das gleich vorweg zu nehmen: Das Buch »Rasen der Leidenschaften« ist nicht nur ein Buch über Fußball, sondern ein Stück Berliner Sport- und Kulturgeschichte. Dabei geht es zwar um Fußball und Stadien, aber ebenfalls um Stadt- und Sportgeschichte im Allgemeinen. Autor Christian Wolter, ein diplomierter Museologe, versteht es, den Leser von Beginn an zu faszinieren. Er führt uns durch die Berliner Bezirke und an mitunter längst vergessene Orte. Dabei kommen auch die Geschichten außerhalb des Fußballs nicht zu kurz. Die »Stadtrundfahrt« beginnt in Tempelhof.

Von Tempelhof nach Friedenau und Charlottenburg

Das Tempelhofer Feld: Hier lernte der Fußball in Berlin das Laufen. Von Tempelhof geht es nach Friedenau. Der Sportpark Friedenau – eine beeindruckende Anlage – ist ein kombiniertes Stadion mit Rennbahn, gleichfalls sein Nachfolger, der Sportpark Steglitz.

Der nächste Halt ist Charlottenburg: Das Deutsche Stadion, eine wundervoll-geniale Sportanlage aus der Kaiserzeit. Das Stadionareal – baulich in die Grunewald Pferderennbahn integriert – umfasste Sportstadion, Schwimmbecken sowie eine Radrennbahn. Mächtig, pompös und architektonisch herausragend – dies war das erste deutsche Nationalstadion. Adolf Hitler war das Deutsche Stadion nicht monumental genug. Für Olympia 1936 musste es dem Olympiastadion weichen, heute ist hier Hertha BSC zuhause.

Hertha-Kult: Die Plumpe am Gesundbrunnen

Früher war der Wedding die Heimat der Herthaner: Die Plumpe am Gesundbrunnen. Das kultige Hertha-Stadion war eine Legende. Der Verein musste es verkaufen. 1974 wurde die Plumpe abgerissen. Heute stehen dort ein Wohnhaus und ein Gedenkstein. Etwas weiter, um die Ecke an der Bernauer Straße, war früher der Exerzierplatz »Einsame Pappel«, im Grunde das nördliche Pendant zum Tempelhofer Feld. In dieser Umgebung wurden ebenfalls fleißig Vereine gegründet. Dort nahm auch die Geschichte der Hertha Ende des vorletzten Jahrhunderts ihren Lauf.

Machen wir vom Wedding noch schnell ein Schlenker nach Lichtenberg. Haltepunkt eins: Das Stadion Lichtenberg nahe der Hertzbergstraße. Einst wurde hier Fußball gespielt, später diente es u.a. als Campingplatz. Das Stadion wurde nach der Wende aufgegeben. Wo einst der Ball rollte, holt sich die Natur inzwischen alles wieder zurück.
Und hier um die Ecke finden wir auch noch ein absolutes Schmuckstück: Das »Zoschke« oder die HOWOGE-Arena Hans Zoschke, wie seit 2009 ganz offiziell heißt. Ein Traum von einem Fußballstadion. Hier ist der SV Lichtenberg 47 zuhause.

Wichtiges Zeitdokment

Autor Christian Wolter hat lange und tief in den Archiven gegraben und am Ende so manchen Schatz gehoben, den er nun seinen Lesern präsentieren kann. Das Buch ist reichlich und gut bebildert. So mancher Berliner wird »seine Ecke von heute« auf den Bildern von damals nicht wiedererkennen. Schon allein dieser Umstand macht Wolters Buch zu einem wichtigen Zeitdokument.
»Rasen der Leidenschaften« ist ein Werk, das nicht nur aus fußballhistorischer Sicht schon längst hätte geschrieben werden müssen. Christian Wolter hat es endlich getan.
Der Wermutstropfen: Wie so manche echte Perle, so ist auch dieses Buch nur in einer kleinen Auflage erschienen und inzwischen lange vergriffen. Also, auch hier gilt: Die Antiquariate bemühen. Es lohnt sich auf jeden Fall.

 


Christian Wolter

Rasen der Leidenschaften
Die Fußballplätze von Berlin
Geschichte und Geschichten

Verlag edition else

ISBN 978-3-00-036563-8

280 Seiten, 262 Abbildungen, Hardcover

Preis: 19,80 €

(derzeit leider nicht mehr lieferbar)